Befindlichkeitsprosa zum Thema Mist. (Eine Entsorgung)
Weil es gerade in die Zeit passt, Weihnachten und so:
Müll. Dreck, Mist, Kehricht, Abfall, Wertstoff.
Wo ich lebe, lebt MAN ja in einem Land der Selektierer - je früher um so besser - im Land der Aussortierer und Trenner. Sicher, das betrifft nicht nur den gemeinen Hausmüll, aber dieser, als Beispiel, macht die Sache anschaulich und plakativ. Als Zuwanderin kam ich in den späten Neunzehnhundertachtzigerjahren aus dem zum Thema Mülltrennung & Akribie noch weitgehend unbeleckten Osten in den bereits damals sauberereren Westen. Wenn ich mich recht erinnere, diskutierte man hier damals immer noch gerade heftig und emotional die Benamsung eines Schiffes, das 1965 (!) in Betrieb genommen worden war. (Was weiß ich, wie unannehmbar es laut Bundesregierung, also den Großkopfeten "z'Wian", heißen hätte sollen, vielleicht Lieber Augustin, Habedieehre oder Gschamsterdiener, jedenfalls setzten sich die westlichen Sturschädel durch, und das Schiff verkehrt seither mit dem stolzen Namen Ohovorarlberg auf jenem allergrößten, in jedem Fall aber allertollsten allerallersaubersten Binnengewässer.)
Ausserdem brandheisses und immeraktuelles Thema war zur Zeit meiner Zuwanderung der Abspaltungswunsch der Bewohner jenes westlichsten Mikrobundeslandes von Österreich mit gleichzeitigem Anschlusswunsch an die Schweiz. Daran hatte sich seit 1919 nicht viel geändert. Die seit jeher stolz abgeschottete Schweiz konnte bzw. wollte aber mit der separatistischen Mirkrobe, soweit ich weiß, ohnehin nichts anfangen, also blieb alles beim Alten und der latente Wunsch der Mikrobe gloste wie ein gemeiner, stets kurz vor der Totalentzündung stehender Glimmbrand weiter. Zum Glück funkte der EU-Beitritt 1995 vital dazwischen. Mittlerweile dürfte der Abspaltungs- und Wegsortierungswunsch bei der Mehrheit der Bewohner dieses Zipfels Land weitgehend abgeheilt oder zu einer bisweilen durchaus passenden Aufmüpfigkeit sublimiert sein.
Das erste was man mir also in diesem etwas eigentümlichen Land in die Hand drückte war der Wohnungsschlüssel zu einer ebenerdigen 25 qm Mietwohnung (Wohnschlafzimmerkochkojenbadklo mit ohne Balkon) und zwei verschiedene Plastiksackrollen. Eine schwarz, eine grün. (Später kam dann noch eine gelbe hinzu.) Desweiteren einen grünen verschließbaren Plastikkübel, der sogar einen eigenen Namen trug, nämlich Oskar, und die Haus- und Müllordnung: Der schwarze Sack, er war riesig und gedacht für den sog. im Haushalt anfallenden Restmüll, jedoch nicht für Wertstoffe, durfte ausschließlich und unter Androhung von, bei Zuwiderhandeln fälligen, Sanktionen, jeden zweiten Mittwoch ab 17.00 an die, für die Abholung durch die Restmüllabfuhr vorgesehene Stelle, an die Straße gestellt werden. Der grüne Sack, er war nicht viel kleiner, war in Oskar zu stecken und anschließend darin der anfallende Biomüll, also Bananenschalen, Wurstreste, verdorbender Nudelsalat, faule Eier, nicht jedoch Hausstaub, Kehrricht, Haare oder Wertstoffe, zu sammeln, bis der Sack schließlich jeden dritten Dienstag nicht vor 18.00 an dem anderen zur Abholung durch die Biomüllabfuhr vorgesehenen Platz an der Straße bereitgestellt werden durfte. Uff!
Ich fühlte mich augenblicklich überfordert, ließ mich dadurch aber nicht entmutigen und versuchte den Regeln dieses Landes, dieser Stadt und dieses Hauses so diszipliniert wie möglich zu entsprechen. Selbstverständlich scheiterete ich. Dazu später.
Vorerst musste MAN, um der Müllordnung nachkommen zu können, eine eigene ganz private möglichst schicke Indoor-Deponie einrichten. (Schlaue Stadtverwaltung, die, ihrer Zeit damit weit voraus, bereits Ende der Neunzehnhundertachtzigerjahre voll auf Outsourcing setzte und die kosten- weil arbeitsintensiven Angelegenheiten des Abfalles schlichtweg an ihre Bürger delgierte, sprich, sie privatisierte. Ich erinnere mich noch gut daran, dass für das eifrige und für die Stadtverwaltung unentgeltliche Mitarbeiten der Bürger diesen eine baldige Reduktion der dennoch üppig zu entrichtenden Abfallentsorgungsgebühren in Aussicht gestellt wurde. Die Bürger warten nach wie vor hoffnungsvoll darauf, wiewohl sie schon aus reiner Liebe zur Sache gerne sortieren.)
Sicher in der redlichen Überzeugung, jeder Bürger dieses sauberen und reichen Landes residiere in seinen privaten weitläufigen Besitztümern mit zahlreichen Latifundien und natürlich einem eigenem im ausgebauten Keller mit Sauna gelegenen Entsorgungs-Center, sah sich die Verwaltung nicht genötigt, ausser den zwangsbunten Plastiksäcken und Oskar-Eimern weitere Hilfmittel zur Errichtung der privaten Mülldeponien zur Verfügung zu stellen. Meinem überkompensatorischen Wunsch nach Anpassung gemäß und in der Gewissheit, jedes Versagen in dieser Causa wachse auf meinem eigenen Mist und sei keineswegs systemimmanent, überlegte ich mir eine Weile sogar, im selben Wohnblock ein weiteres Wohnklo zu mieten. Das eine als Mülldeponie, das andere zum Wohnen. Dieser Plan scheiterte lediglich an meinen damals eher begrenzten finanziellen Mitteln und den im Gegenzug dazu horrenden Mietkosten. Stattdessen gedieh das Einzelkämpfertum. Prächtig.
Also funktionierte ich mein 25 qm Wohnschlafzimmerkochkojenbadklo mit ohne Balkon um zur Wohnschlafzimmerkochkojenbadklomülldeponie mit ohne Balkon dafür mit eigenwilligem Plastiksackdekor und stets durchweht von einem Hauch jenes Geruchs, den man heute so gar nicht mehr kennen würde, gäbe es nicht diese privaten Ablagerungen.
Da ich, in meiner offenbar aus dem Osten importierten Unfähigkeit zur Akribie, mit den zweiten Dienstagen und dritten Mittwochen, oder war es umgekehrt, geradewegs durcheinanderkam, geriet das ganze System rasch zum Chaos. In meiner Wohnschlafzimmerkochkojenbadklomülldeponie stapelten sich alsbald schwarze Müllsäcke, die just in DIESER Woche nicht entsorgt werden durften und mir nach einem solchen Fehlversuch vom Blockwart postwendend vor die Tür zurückgeschmissen wurden, umkreist von, mir seither als Haustiere treu gebliebenen, sog. Mümüs (Müllmücken), korrekt nennt man sie wohl Fruchtfliegen, die sich im Dunstkreis von vollgestopften Oskars besonders wohlfühlen.
Um das Entsorgungssystem zu optimieren, soll heissen, um zu verhindern dass der stets potenziell unartige Bürger aus Gründen, die keinen etwas angehen, einfach hie und da einen halbvollen Sack an die hierfür vorgesehne Stelle an der Straße zu stellen wagt, kostete natürlich jeder dieser offiziell zugeteilten Riesensäcke extra, und zwar nicht wenig. Nur solche, registrierte und mit offiziellem Stadtsiegel versehene, durften verwendet und vom Entsorgungsunternehmen entsorgt werden. Und so musste, vor allem dort, wo auf das Geld geachtet werden musste, darauf geachtet werden, dass der schwarze oder grüne Sack stets bis zum Erbrechen gefüllt wurde, was, wenn man ohnehin schon die Mittwoche und Dienstage durcheinanderbrachte, das private Deponieproblem nicht unwesentlich verschärfte.
Mit einem Satz: Das System war perfekt.
Eine Zeit lang hielt ich durch, dann aber, mürbe gemacht von geraden Dienstagen und verkehrten oder fallengelassenen Mittwochen, stinkenden Müllsäcken und schimpfenden Blockwarten, tat ich, was politisch gewollt ist, und sah zu, dass ich rasch mehr und mehr Geld verdiente um schnellstmöglich in grössere und grössere Bleiben umziehen zu können, um endlich mehr und mehr Platz für die zahlreicher, farbenprächtiger und teurer werdenden Müllsäcke zur Verfügung zu haben. Usw.
Mittlerweile - viele Jahre sind seither ins Land gezogen und die Spezialisierung auf diesem Gebiet ist wie überall munter fortgeschritten, der Abfall wird von privaten Firmen aus Deutschland abgeholt und zur "Entsorgung" danach wahrscheinlich durch halb Europa gekarrt, die Entsorgungsgebühren steigen weiter und weiter Jahr für Jahr aufgrund der gestiegenen Transport- und Spezialisierungskosten - mittlerweile also, gibt es auch noch den gelben XXL-Sack mit dem ganz bestimmte, aber nicht etwa alle Kunststoffe im eigenen Heim, nach Vorreinigung (im eigenen Interesse), und der Vorsortierung nach spezifischem Gewicht und molekularer Struktur zu sammeln sind. Zur Wiederzuführung von Metallabfällen in den Recyclingkreislauf fährt der verantwortungsvolle (gut dressierte ) Bürger, natürlich NACH erfolgter monatelanger Ansammlung von Kronenkorken, Nesspressokapseln, Thunfischdosen, Kaffeerahm- und Joghurtbecherdeckeln im Eigenheim und in selbsterfundenen möglichst platzsparenden Behältnissen, mit dem privaten PKW zu einer der drei in der Gegend weitläufig verstreuten und video- oder vielmehr anliegerüberwachten Sammelstellen, denn nicht an jeder beliebigen Abfall-Station darf Metallabfall einfach so abgegeben werden, da könnte schließlich ein jeder kommen und wo kämen wir da hin? Ebenso verhält es sich mit Altglas, farbig oder farblos, wobei nicht jedes Glas entsorgt werden darf, z.B. keine irgend jemandem hintergeworfene und dabei zu Bruch gegangene geblümte Blumenvase, dafür aber sehr wohl das industriell hergestellte Gurkenglas. Altpapier hingegen darf man tatsächlich an einem meist nur etwa 500 Meter von Jedem entfernten Platz entsorgen. Zum Loswerden von sperrigem Gut wiederum, muss man beim Amt einen Termin....Für gebrauchtes Speiseöl erhält man sogar eigene Gebinde zur Zwischenlagerung im Eigenheim zur Verfügung...einmal im Jahr darf man sie gegen Entgelt...die machen daraus Ökostrom, der teurer ist als der normale.. Teebeutel und Wattebäusche gelten als.... Sondermüll...Die Bürger sind zu wahren Abfallwissenschaftlern geworden, deren liebstes Hobby das Selektieren und Trennen ist. (Manchmal kommt mir der Verdacht, eine alarmierte Landesregierung hat sich das alles damals als Ersatzhandlung für die radikalen Abspaltungsfantasien der Bürger ausgedacht.)
Und ich propagiere trotzdem den Gesamtabfall.
Ab 2008 wird alles zusammengeschmissen. Und basta.
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Müll. Dreck, Mist, Kehricht, Abfall, Wertstoff.
Wo ich lebe, lebt MAN ja in einem Land der Selektierer - je früher um so besser - im Land der Aussortierer und Trenner. Sicher, das betrifft nicht nur den gemeinen Hausmüll, aber dieser, als Beispiel, macht die Sache anschaulich und plakativ. Als Zuwanderin kam ich in den späten Neunzehnhundertachtzigerjahren aus dem zum Thema Mülltrennung & Akribie noch weitgehend unbeleckten Osten in den bereits damals sauberereren Westen. Wenn ich mich recht erinnere, diskutierte man hier damals immer noch gerade heftig und emotional die Benamsung eines Schiffes, das 1965 (!) in Betrieb genommen worden war. (Was weiß ich, wie unannehmbar es laut Bundesregierung, also den Großkopfeten "z'Wian", heißen hätte sollen, vielleicht Lieber Augustin, Habedieehre oder Gschamsterdiener, jedenfalls setzten sich die westlichen Sturschädel durch, und das Schiff verkehrt seither mit dem stolzen Namen Ohovorarlberg auf jenem allergrößten, in jedem Fall aber allertollsten allerallersaubersten Binnengewässer.)
Ausserdem brandheisses und immeraktuelles Thema war zur Zeit meiner Zuwanderung der Abspaltungswunsch der Bewohner jenes westlichsten Mikrobundeslandes von Österreich mit gleichzeitigem Anschlusswunsch an die Schweiz. Daran hatte sich seit 1919 nicht viel geändert. Die seit jeher stolz abgeschottete Schweiz konnte bzw. wollte aber mit der separatistischen Mirkrobe, soweit ich weiß, ohnehin nichts anfangen, also blieb alles beim Alten und der latente Wunsch der Mikrobe gloste wie ein gemeiner, stets kurz vor der Totalentzündung stehender Glimmbrand weiter. Zum Glück funkte der EU-Beitritt 1995 vital dazwischen. Mittlerweile dürfte der Abspaltungs- und Wegsortierungswunsch bei der Mehrheit der Bewohner dieses Zipfels Land weitgehend abgeheilt oder zu einer bisweilen durchaus passenden Aufmüpfigkeit sublimiert sein.
Das erste was man mir also in diesem etwas eigentümlichen Land in die Hand drückte war der Wohnungsschlüssel zu einer ebenerdigen 25 qm Mietwohnung (Wohnschlafzimmerkochkojenbadklo mit ohne Balkon) und zwei verschiedene Plastiksackrollen. Eine schwarz, eine grün. (Später kam dann noch eine gelbe hinzu.) Desweiteren einen grünen verschließbaren Plastikkübel, der sogar einen eigenen Namen trug, nämlich Oskar, und die Haus- und Müllordnung: Der schwarze Sack, er war riesig und gedacht für den sog. im Haushalt anfallenden Restmüll, jedoch nicht für Wertstoffe, durfte ausschließlich und unter Androhung von, bei Zuwiderhandeln fälligen, Sanktionen, jeden zweiten Mittwoch ab 17.00 an die, für die Abholung durch die Restmüllabfuhr vorgesehene Stelle, an die Straße gestellt werden. Der grüne Sack, er war nicht viel kleiner, war in Oskar zu stecken und anschließend darin der anfallende Biomüll, also Bananenschalen, Wurstreste, verdorbender Nudelsalat, faule Eier, nicht jedoch Hausstaub, Kehrricht, Haare oder Wertstoffe, zu sammeln, bis der Sack schließlich jeden dritten Dienstag nicht vor 18.00 an dem anderen zur Abholung durch die Biomüllabfuhr vorgesehenen Platz an der Straße bereitgestellt werden durfte. Uff!
Ich fühlte mich augenblicklich überfordert, ließ mich dadurch aber nicht entmutigen und versuchte den Regeln dieses Landes, dieser Stadt und dieses Hauses so diszipliniert wie möglich zu entsprechen. Selbstverständlich scheiterete ich. Dazu später.
Vorerst musste MAN, um der Müllordnung nachkommen zu können, eine eigene ganz private möglichst schicke Indoor-Deponie einrichten. (Schlaue Stadtverwaltung, die, ihrer Zeit damit weit voraus, bereits Ende der Neunzehnhundertachtzigerjahre voll auf Outsourcing setzte und die kosten- weil arbeitsintensiven Angelegenheiten des Abfalles schlichtweg an ihre Bürger delgierte, sprich, sie privatisierte. Ich erinnere mich noch gut daran, dass für das eifrige und für die Stadtverwaltung unentgeltliche Mitarbeiten der Bürger diesen eine baldige Reduktion der dennoch üppig zu entrichtenden Abfallentsorgungsgebühren in Aussicht gestellt wurde. Die Bürger warten nach wie vor hoffnungsvoll darauf, wiewohl sie schon aus reiner Liebe zur Sache gerne sortieren.)
Sicher in der redlichen Überzeugung, jeder Bürger dieses sauberen und reichen Landes residiere in seinen privaten weitläufigen Besitztümern mit zahlreichen Latifundien und natürlich einem eigenem im ausgebauten Keller mit Sauna gelegenen Entsorgungs-Center, sah sich die Verwaltung nicht genötigt, ausser den zwangsbunten Plastiksäcken und Oskar-Eimern weitere Hilfmittel zur Errichtung der privaten Mülldeponien zur Verfügung zu stellen. Meinem überkompensatorischen Wunsch nach Anpassung gemäß und in der Gewissheit, jedes Versagen in dieser Causa wachse auf meinem eigenen Mist und sei keineswegs systemimmanent, überlegte ich mir eine Weile sogar, im selben Wohnblock ein weiteres Wohnklo zu mieten. Das eine als Mülldeponie, das andere zum Wohnen. Dieser Plan scheiterte lediglich an meinen damals eher begrenzten finanziellen Mitteln und den im Gegenzug dazu horrenden Mietkosten. Stattdessen gedieh das Einzelkämpfertum. Prächtig.
Also funktionierte ich mein 25 qm Wohnschlafzimmerkochkojenbadklo mit ohne Balkon um zur Wohnschlafzimmerkochkojenbadklomülldeponie mit ohne Balkon dafür mit eigenwilligem Plastiksackdekor und stets durchweht von einem Hauch jenes Geruchs, den man heute so gar nicht mehr kennen würde, gäbe es nicht diese privaten Ablagerungen.
Da ich, in meiner offenbar aus dem Osten importierten Unfähigkeit zur Akribie, mit den zweiten Dienstagen und dritten Mittwochen, oder war es umgekehrt, geradewegs durcheinanderkam, geriet das ganze System rasch zum Chaos. In meiner Wohnschlafzimmerkochkojenbadklomülldeponie stapelten sich alsbald schwarze Müllsäcke, die just in DIESER Woche nicht entsorgt werden durften und mir nach einem solchen Fehlversuch vom Blockwart postwendend vor die Tür zurückgeschmissen wurden, umkreist von, mir seither als Haustiere treu gebliebenen, sog. Mümüs (Müllmücken), korrekt nennt man sie wohl Fruchtfliegen, die sich im Dunstkreis von vollgestopften Oskars besonders wohlfühlen.
Um das Entsorgungssystem zu optimieren, soll heissen, um zu verhindern dass der stets potenziell unartige Bürger aus Gründen, die keinen etwas angehen, einfach hie und da einen halbvollen Sack an die hierfür vorgesehne Stelle an der Straße zu stellen wagt, kostete natürlich jeder dieser offiziell zugeteilten Riesensäcke extra, und zwar nicht wenig. Nur solche, registrierte und mit offiziellem Stadtsiegel versehene, durften verwendet und vom Entsorgungsunternehmen entsorgt werden. Und so musste, vor allem dort, wo auf das Geld geachtet werden musste, darauf geachtet werden, dass der schwarze oder grüne Sack stets bis zum Erbrechen gefüllt wurde, was, wenn man ohnehin schon die Mittwoche und Dienstage durcheinanderbrachte, das private Deponieproblem nicht unwesentlich verschärfte.
Mit einem Satz: Das System war perfekt.
Eine Zeit lang hielt ich durch, dann aber, mürbe gemacht von geraden Dienstagen und verkehrten oder fallengelassenen Mittwochen, stinkenden Müllsäcken und schimpfenden Blockwarten, tat ich, was politisch gewollt ist, und sah zu, dass ich rasch mehr und mehr Geld verdiente um schnellstmöglich in grössere und grössere Bleiben umziehen zu können, um endlich mehr und mehr Platz für die zahlreicher, farbenprächtiger und teurer werdenden Müllsäcke zur Verfügung zu haben. Usw.
Mittlerweile - viele Jahre sind seither ins Land gezogen und die Spezialisierung auf diesem Gebiet ist wie überall munter fortgeschritten, der Abfall wird von privaten Firmen aus Deutschland abgeholt und zur "Entsorgung" danach wahrscheinlich durch halb Europa gekarrt, die Entsorgungsgebühren steigen weiter und weiter Jahr für Jahr aufgrund der gestiegenen Transport- und Spezialisierungskosten - mittlerweile also, gibt es auch noch den gelben XXL-Sack mit dem ganz bestimmte, aber nicht etwa alle Kunststoffe im eigenen Heim, nach Vorreinigung (im eigenen Interesse), und der Vorsortierung nach spezifischem Gewicht und molekularer Struktur zu sammeln sind. Zur Wiederzuführung von Metallabfällen in den Recyclingkreislauf fährt der verantwortungsvolle (gut dressierte ) Bürger, natürlich NACH erfolgter monatelanger Ansammlung von Kronenkorken, Nesspressokapseln, Thunfischdosen, Kaffeerahm- und Joghurtbecherdeckeln im Eigenheim und in selbsterfundenen möglichst platzsparenden Behältnissen, mit dem privaten PKW zu einer der drei in der Gegend weitläufig verstreuten und video- oder vielmehr anliegerüberwachten Sammelstellen, denn nicht an jeder beliebigen Abfall-Station darf Metallabfall einfach so abgegeben werden, da könnte schließlich ein jeder kommen und wo kämen wir da hin? Ebenso verhält es sich mit Altglas, farbig oder farblos, wobei nicht jedes Glas entsorgt werden darf, z.B. keine irgend jemandem hintergeworfene und dabei zu Bruch gegangene geblümte Blumenvase, dafür aber sehr wohl das industriell hergestellte Gurkenglas. Altpapier hingegen darf man tatsächlich an einem meist nur etwa 500 Meter von Jedem entfernten Platz entsorgen. Zum Loswerden von sperrigem Gut wiederum, muss man beim Amt einen Termin....Für gebrauchtes Speiseöl erhält man sogar eigene Gebinde zur Zwischenlagerung im Eigenheim zur Verfügung...einmal im Jahr darf man sie gegen Entgelt...die machen daraus Ökostrom, der teurer ist als der normale.. Teebeutel und Wattebäusche gelten als.... Sondermüll...Die Bürger sind zu wahren Abfallwissenschaftlern geworden, deren liebstes Hobby das Selektieren und Trennen ist. (Manchmal kommt mir der Verdacht, eine alarmierte Landesregierung hat sich das alles damals als Ersatzhandlung für die radikalen Abspaltungsfantasien der Bürger ausgedacht.)
Und ich propagiere trotzdem den Gesamtabfall.
Ab 2008 wird alles zusammengeschmissen. Und basta.
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Nachtbriefkasten - 27. Dez, 11:20
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